21.12.2022 | Katrin Schröder

Spannende Einblicke in die Medizin: Gesellschaftlich relevante Erkrankungen

Ob Herzschwäche, Diabetes oder Depressionen: Einige Krankheiten sind in Deutschland so weit verbreitet, dass viele Menschen irgendwann im Leben davon betroffen sind. Symptome, Risiken und Behandlungswege solcher gesellschaftlich relevanten Erkrankungen erklären Mediziner:innen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) leicht verständlich im gleichnamigen HOOU-Lernangebot. Im Video begleiten wir sie bei der Arbeit und lernen die Sicht Betroffener kennen.

Der medizinische Fortschritt, mehr Wohlstand und verbesserte Arbeitsbedingungen – das sind einige der Faktoren, die dazu führen, dass die Menschen in den westlichen Ländern immer älter werden. Eine gute Nachricht! Allerdings steigt mit dem Alter auch das Risiko für viele Krankheiten. Unsere moderne Lebensweise mit wenig Bewegung, ungesunder Ernährung, Alkoholkonsum und Rauchen trägt ebenfalls ihren Teil zu dieser Entwicklung bei. Gesellschaftlich relevante Erkrankungen sind deshalb ein Thema, das nicht nur Wissenschaft und Politik, sondern uns alle angeht. Die Expert:innen des UKEs sind sich sicher: Nur wer Erkrankungen kennt, kann diesen vorbeugen und sich rechtzeitig behandeln lassen. Mit ihrem Lernangebot möchten sie deshalb zur Aufklärung über dieses immer wichtiger werdende Thema beitragen.

Gesellschaftlich relevante Erkrankungen: Was versteht man darunter?

Der Begriff klingt sperrig, beschreibt jedoch etwas Allgegenwärtiges: Als „Gesellschaftlich relevante Erkrankungen“ bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) alle Krankheiten, die eine hohe persönliche und gesellschaftliche Krankheitslast verursachen. Und was heißt Krankheitslast? Dabei handelt es sich um eine Kennzahl, die den Gesundheitszustand einer Bevölkerung veranschaulicht. Bemessen wird die Krankheitslast in den sogenannten Disability-Adjusted Life Years (DALY). Ein DALY setzt sich aus zwei Teilen zusammen, nämlich den durch Erkrankung und den durch Tod verlorenen Lebensjahren. Ein DALY entspricht einem verlorenen Lebensjahr. Das bedeutet: Je höher der Wert, desto niedriger ist die Lebensqualität im betreffenden Gebiet.

Die WHO gibt regelmäßig eine Liste der Erkrankungen heraus, die weltweit die größte Krankheitslast verursachen. Die zehn wichtigsten Erkrankungen auf dieser Liste umfassen fast ausschließlich Krankheiten, die in den westlichen Ländern häufig sind. Auf Platz eins stehen dabei die Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Seltene Einblicke in die Medizin: Ärzt:innen bei der Arbeit begleiten

Das Lernangebot des UKE umfasst aktuell neun video-basierte Webinars zu DALY-relevanten Krankheiten. Es richtet sich an alle interessierten Personen, medizinische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Auf der projekteigenen Website finden sich Videos, in denen die Expert:innen Vorsorge und Therapie der jeweiligen Erkrankung allgemeinverständlich erläutern. Besonders gut nachvollziehbar werden die Informationen dadurch, dass die Teilnehmenden den Ärzt:innen quasi bei ihrer Arbeit in typischen Behandlungssituationen über die Schulter schauen können. Zudem wird die Perspektive der Betroffenen mit einbezogen, indem reale Patient:innen berichten, welchen Krankheitsverlauf sie erlebt und welche Therapien ihnen geholfen haben. Weiterhin werden vertiefende Informationen in Form von Downloadmaterial bereitgestellt.

Von COPD bis seltene Erkrankungen: Diese Krankheitsbilder werden vorgestellt

Bislang gibt es Webinare zu den Themen Herzinsuffizienz, Schlaganfall, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Frühgeburt, HIV und AIDS, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), unipolare Depression, seltene Erkrankungen und Prostatakrebs. Allein die Aufzählung vermittelt die Bandbreite und Vielfalt des Angebots. Doch worum genau geht es in den einzelnen Videos? Hier einige Beispiele:

  • Herzinsuffizienz

Eine Herzerkrankung ist die häufigste Todesursache in Deutschland. Im Webinar schildert der Herzchirurg Priv.-Doz. Dr. Markus Johannes Barten die Symptome einer Herzschwäche ebenso wie moderne Therapiemöglichkeiten. Die Teilnehmer:innen begleiten zudem einen Patienten, der inzwischen dank einer Herztransplantation wieder ein normales Leben führen kann, auf seinem Weg.

  • Depression

Die Depression zählt zu den hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Ärzt*innen und Psycholog*innen aus der Psychiatrie des UKEs veranschaulichen im Video den Krankheitsverlauf am Beispiel einer Patientin. Was können Symptome sein? Welche Behandlungsmethoden gibt es? Wie läuft die Therapie in einer Psychiatrischen Klinik ab? Diese und weitere Fragen beantwortet das Webinar und baut so Berührungsängste ab.

  • Frühgeburt

In Deutschland werden pro Jahr 63.000 Kinder zu früh geboren. Die zu frühe Geburt kann die weitere Entwicklung beeinträchtigen und begleitet Betroffene oft ein Leben lang. Im Webinar geben die Experten Prof. Dr. Kurt Hecher und Prof. Dr. Dominique Singer wertvolle Informationen darüber, wie sich Risiken erkennen lassen, welche Vorsorgemaßnahmen sinnvoll sind und worauf es bei der Behandlung von Frühgeborenen ankommt.

Krankheiten verstehen und Gesundheit fördern

Umfassende Information ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem gesunden Leben. Das Lernangebot des UKE ist also nicht nur interessant, weil es Einblicke in den ärztlichen Alltag gibt, die man sonst nicht bekommen würde – es kann einem auch persönlich nützen. Hier geht es direkt zum Lernangebot: https://www.hoou-uke.de/

16.11.2022 | Katrin Schröder

Abenteuer Rechtsmedizin: Wissenschaft mit Gruselfaktor

Das Lernangebot „Abenteuer Rechtsmedizin“, entwickelt vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und bereitgestellt auf der Lernplattform der Hamburg Open Online University (HOOU), vermittelt spielerische Einblicke in die Welt der Forensik. Egal, ob du über eine Karriere in dem Bereich nachdenkst oder einfach nur am Thema interessiert bist: Das Spiel lässt dich in den Arbeitsalltag eines jungen Rechtsmediziners eintauchen. Ich habe das Lernangebot getestet. Achtung: Spoiler-Alarm!

Tatort, Sherlock Holmes, Kommissar Wallander– zahlreiche Serien, Filme und Bücher drehen sich um Kriminalfälle. Bei der Aufklärung der Verbrechen spielen Rechtsmediziner*innen eine bedeutsame Rolle. Sie werden bei ungewöhnlichen Todesfällen im Auftrag der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichtes tätig und untersuchen die Körper der Toten auf Hinweise etwa zu Todeszeitpunkt oder -ursache. Der alltägliche Umgang von Rechtsmediziner*innen mit Verstorbenen ruft bei vielen eine Mischung aus Faszination und Unbehagen hervor.

Wie der Arbeitsalltag in der Rechtsmedizin aussieht und mit welchen Methoden sie arbeitet, ist dagegen den meisten Menschen nicht bekannt: Was machen Rechtsmediziner*innen eigentlich genau? Das können Interessierte anhand des Lernangebots „Abenteuer Rechtsmedizin“ spielerisch herausfinden.

(Rechts-)Medizinisches Know-How spielerisch vermittelt

Das Spiel richtet sich an alle, die sich für das Thema Rechtsmedizin interessieren und ist in deutscher sowie in englischer Sprache verfügbar. Vorwissen ist nicht erforderlich. Gespielt wird online im Browser oder offline über eine Android-App.

Mit „Point & Click“ der Todesursache auf die Spur kommen

Das Spiel arbeitet nach dem „Point & Click“-Prinzip: Ich fahre mit dem Mauszeiger über das Bild und kann Objekte anklicken, zum Beispiel einen Körperteil der verstorbenen Person. Dann öffnet sich eine Auswahl von Werkzeugen, darunter verschiedene medizinische Instrumente und eine Hand, mit denen ich mit dem ausgewählten Objekt interagieren kann. So lässt sich zum Beispiel die Körpertemperatur messen oder eine äußere Leichenschau durchführen. Aber nicht vergessen: nach der Obduktion den Körper wieder zunähen!

Vielfältige Aufgaben lösen

Zu lösen gibt es fünf verschiedene und zum Teil echt gruselig klingende Fälle, die einen Einblick in das breite Aufgabenspektrum der Rechtsmediziner*innen geben:

  • „Todeszeitbestimmung am Leichenfundort“,
  • „Äußere Leichenschau: Todesursache und Todesart“,
  • „Das Skelett im Wald“,
  • „Der Vaterschaftstest“,
  • „Fahrt im Rausch“.

Als Spielerin schlüpfe ich in die Rolle eines jungen Assistenzarztes, der seinem Chef helfen muss, das Ableben der Verstorbenen aufzuklären.

Angespielt: Ermittlung des Todeszeitpunktes am Leichenfundort

Ich entscheide mich für den ersten Fall: Todeszeitbestimmung am Leichenfundort. Als ich das Spiel öffne, fällt mir sofort die ansprechend gezeichnete Spieloberfläche im Comic-Stil ins Auge: Die schwarzweiße Farbgebung sorgt für eine schaurig-schöne Atmosphäre, ich fühle mich gleich mittendrin in meinem ersten rechtsmedizinischen Fall. Wer es noch dramatischer mag, kann zusätzlich noch die Tonspur aktivieren und sein Abenteuer von spannungsgeladener Musik begleiten lassen.

Zurück zu meinem Fall: Am Tatort wartet schon mit besorgter Miene die Polizeibeamtin, die mir die Situation schildert: Herr Müller wurde tot in seiner Wohnung gefunden. Nur: Wie lange liegt er schon da? Der Todeszeitpunkt muss ermittelt werden – von mir.

Die darauffolgende Szene zeigt einen leblosen Körper, der auf dem Boden eines schummrig beleuchteten Zimmers liegt. Ein Klick in das Bild erhellt den Raum. Etwas ratlos schaue ich mich zunächst erstmal um. In der Ecke finde ich einen Notizzettel mit meinen To-Dos: Um den Todeszeitpunkt zu ermitteln, muss ich die elektrische und die mechanische Erregbarkeit der Muskulatur untersuchen. Außerdem soll ich überprüfen, ob Leichenflecken oder eine Kieferstarre vorliegen und welche Körpertemperatur der Tote hat. Als aufstrebender Assistenzarzt gebe ich natürlich alles, um den Fall zu lösen. Nur: Wie geht das alles?

Ich klicke auf den Oberkörper des Toten und sehe eine Reihe von Werkzeugen, die mir bei der Arbeit helfen. Ich wähle zunächst eine Hand aus und ziehe diese auf den Oberkörper der Leiche. Eine Notiz erscheint, die mir sagt, dass ich versuchen muss, die Leichenflecken wegzudrücken. Ich werfe einen Blick ins Kurzlehrbuch: ganz schön viel Text! Dafür lerne ich, wie sich anhand der Leichenflecken auf den Todeszeitpunkt schließen lässt. Im Falle meines „Patienten“ lassen sich diese noch nahezu vollständig wegdrücken. Meine erste Schlussfolgerung lautet: Der Todeszeitpunkt liegt sehr wahrscheinlich noch nicht länger als 20 Stunden zurück.

Mit dem Thermometer messe ich als nächstes die Körpertemperatur: Der Körper des Toten ist bereits auf 32,3°C runtergekühlt – ein Zeichen dafür, dass der Tod vor 10 bis 16 Stunden eingetreten sein muss.

Als nächstes widme ich mich dem Kopf des Verstorbenen. Hier messe ich mit einem Reizstromgerät die Erregbarkeit der mimischen Muskulatur. Inzwischen schon etwas routinierter ziehe ich das Gerät auf das Gesicht des Verstorbenen: Das Augenoberlid zuckt noch. Das Ergebnis deutet auf einen Todeszeitpunkt vor weniger als 16 Stunden hin. Dass der Tod vor maximal 13 Stunden eingetreten sein muss, wird auch durch die mechanische Erregbarkeit der Skelettmuskulatur, die ich mit einem Reflexhammer am Oberarm des Verstorbenen messe, bekräftigt. Dann prüfe ich mit der Hand, ob und wie stark die Leichenstarre an Kiefergelenk sowie Armen und Beinen eingetreten ist: Der Tod muss vor 4 bis 20 Stunden eingetreten sein.

Meine Untersuchungen zeigen also: Der Tod muss vor 10 bis 13 Stunden eingetreten sein. Ich gebe meinen Tipp ab und liege richtig. Zur Belohnung stellt mir der Oberarzt eine Beförderung in Aussicht. Lief doch schon mal ganz gut!

Fazit

Das Lernangebot „Abenteuer Rechtsmedizin“ vermittelt spielerisch und anwendungsnah rechtsmedizinische Fachkenntnisse. Dabei laden die liebevoll gestaltete Spieloberfläche und die kniffeligen Fälle dazu ein, direkt in den Alltag der Rechtsmedizin einzutauchen. Die zu lösenden Aufgaben sind anspruchsvoll und bringen den Kopf zum Rauchen. Zum Lösen der Fälle muss das Gelernte kombiniert und eingeordnet werden – Gehirnschmalz und Transferleistung sind gefragt.

Wer noch nie ein „Point & Click“-Adventure gespielt hat, braucht vielleicht eine kurze Zeit, um sich an die Funktionsweise zu gewöhnen. Nicht immer sind die erforderlichen Schritte gleich ersichtlich. Aber: So ist es in der Realität ja auch und dranbleiben lohnt sich! Besonders gut gefallen hat mir die Verbindung von rechtsmedizinischem Handwerk und wissenschaftlichem Hintergrundwissen. Das Kurzlehrbuch ist informativ, die komplexe Thematik verlangt den Spielenden jedoch einiges ab. Ein Plus: Mir als Spielerin bleibt es selbst überlassen, wie tief sie in die rechtsmedizinische Materie eindringen will. Ich habe für die Lösung des ersten Falles etwa 20 Minuten benötigt. Die Tonalität des Spieles ist humorvoll und die Fragen im Quiz-Charakter machen es zu einem unterhaltsamen und kurzweiligen Erlebnis. Versuch es doch mal selbst! Vielleicht hast du ja das Zeug zur Rechtsmediziner*in?