Eine Frau steht vor einem Bücherregal

Bild: Eliabe Costa / unsplash

11.02.2025 | Meena Stavesand

Zwischen KI und Fake News – Warum wir als Gesellschaft Wissenschaft mehr denn je brauchen

Der 11. Februar steht im Zeichen der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft. Ein wichtiger Tag, denn noch immer sind Frauen in vielen Forschungsbereichen unterrepräsentiert. Dabei braucht es gerade jetzt verschiedene Perspektiven, um die komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Prof. Dr. Frederike Masemann, Vizepräsidentin für Studium und Lehre an der HAW Hamburg und Aufsichtsrätin der HOOU, spricht im Interview über ihre Faszination für die Forschung.

Masemann erklärt, warum wissenschaftliches Arbeiten in Zeiten von halluzinierender KI und bewusst gestreuten Fehlinformationen wichtiger denn je ist. Außerdem gibt sie persönliche Einblicke in ihren Weg in die Wissenschaft.

Was macht Wissenschaft für unsere Gesellschaft so wertvoll und wie bereichert uns die Vielfalt der Perspektiven in der Forschung?

Prof. Dr. Frederike Masemann: Wie es die HAW Hamburg in ihrem Leitbild formuliert, ist es das zentrale Ziel der Wissenschaft, „nachhaltige Lösungen für die gesellschaftlichen Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft zu entwickeln“. Wissenschaft bildet hierfür das Fundament, indem sie uns befähigt, Probleme und Krisen zu analysieren, Lösungswege zu skizzieren und Dinge zu erproben.

In einer Zeit, die von bewusst gestreuten Fehlinformationen, halluzinierender KI und anekdotischen Partikularnarrativen geprägt ist, erweist sich die wissenschaftliche Herangehensweise als besonders wertvoll. Sie basiert auf überprüfbaren Fakten und nachvollziehbaren Methoden – genau diese Eigenschaften machen kritisches Denken, logisches Testen und wissenschaftliches Arbeiten zu Kernstärken unserer aufgeklärten Gesellschaft.

Die Vielfalt der Perspektiven in der Forschung ermöglicht es uns dabei, komplexe Themen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. So können wir Zielkonflikte identifizieren und gesellschaftliche Aushandlungsprozesse unter Einbeziehung aller Betroffenen führen.

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Der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft (englisch: International Day of Women and Girls in Science) wird jedes Jahr am 11. Februar begangen und wurde erstmals 2016 offiziell gefeiert. Ausgerufen von den Vereinten Nationen, soll dieser Tag auf die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten in wissenschaftlichen Disziplinen aufmerksam machen. Ziel ist es, die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Mädchen in den Bereichen Wissenschaft, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik zu fördern. Gleichzeitig erinnert der Tag daran, dass Diversität und Chancengleichheit entscheidend sind, um Innovationen voranzutreiben und globale Herausforderungen zu meistern.

Wie können wir die Wissenschaftswelt offener und zukunftsfähiger gestalten?

Prof. Dr. Frederike Masemann: Eine offene Wissenschaft ist unerlässlich für eine demokratische Gesellschaft – der Zugang zu wissenschaftlichen Fragestellungen, Ansätzen und Erkenntnissen muss daher für alle möglich sein. Dies stellt uns vor Herausforderungen, da insbesondere soziale Medien durch eine Aufmerksamkeitsökonomie gesteuert werden und ihre algorithmisch kuratierten Inhalte und Werbeangebote nicht automatisch einer „offenen“ Logik folgen.

Das Wissenschaftsbarometer zeigt deutlich, wie fragil das Vertrauen in die Wissenschaft ist. Deshalb braucht es dringend qualitätsgesicherte Plattformen und kostenfreie Zugangsmöglichkeiten zur Wissenschaftswelt. Da Kommunikation heute nicht mehr eindimensional verläuft, ist eine adressat*innengerechte Wissenschaftskommunikation über verschiedene Formate und Kanäle erforderlich. Die HOOU hat diese wichtige Aufgabe der Wissenschaftskommunikation zu einem ihrer zentralen Anliegen gemacht.

Was hat in Ihnen die Begeisterung für die Wissenschaft geweckt und welchen Rat möchten Sie jungen Menschen geben, die eine wissenschaftliche Laufbahn erwägen?

Prof. Dr. Frederike Masemann: Mich persönlich begeistert am wissenschaftlichen Arbeiten vor allem die Möglichkeit, mich intensiv mit einer Fragestellung auseinanderzusetzen. So durfte ich mich beispielsweise in meiner Doktorarbeit über zwei Jahre lang eingehend mit der Rolle der Medien für den gesellschaftlichen Zusammenhalt beschäftigen – eine unglaublich bereichernde Erfahrung.

Der Forschungsprozess erinnert mich oft an das Auspacken eines vielfach verpackten Geschenks: Tag für Tag nähere ich mich dem Kern, und schon beim Auspacken gibt es viele spannende Entdeckungen. Diese Überraschungen, Erkenntnisse und auch die Herausforderungen im Arbeitsprozess mit anderen zu teilen und zu diskutieren, empfinde ich als großartige Erfahrung. Für mich ist beim wissenschaftlichen Arbeiten der Weg bereits das Ziel.

Mein wichtigster Rat an junge Menschen, die eine akademische Laufbahn in Erwägung ziehen: Am Anfang muss ein ehrliches Interesse an einer Fragestellung stehen. Wer diese authentische Neugier für ein Thema oder eine Problemstellung in sich spürt, wird sehr wahrscheinlich auch Freude an einer wissenschaftlichen Karriere entwickeln.

Über Prof. Dr. Frederike Masemann

Dr. Frederike Masemann ist seit 1.9.2021 Professorin für Journalistik und Kommunikationswissenschaft am Department Information. Zuvor lehrte sie für ein Jahr als Vertretungsprofessorin an der HAW Hamburg. Ihre Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind politische Kommunikation, die Rolle des Journalismus für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und öffentlich-rechtlicher Rundfunk.

Sie studierte in den Geistes- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg sowie an der University of Technology in Sydney (UTS), Australien. Als Stipendiatin der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit promovierte sie an der Universität Hamburg mit Forschungsaufenthalt an der London School of Economics and Political Science (LSE). Ihre Dissertation „Interkulturelle Integration als Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die Einwanderungsländer Deutschland und Großbritannien im Vergleich“ wurde aufgrund der gesellschaftlichen Relevanz von der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung mit dem Werner-von-Melle Preis 2010/2011 ausgezeichnet.

Seit über 10 Jahren arbeitet Dr. Frederike Masemann als Unternehmensberaterin an der Schnittstelle von Wirtschaft, Politik, Medien und Gesellschaft. Ihre Beratungsexpertise umfasst die Strategieentwicklung und -umsetzung zur erfolgreichen politischen Positionierung und Kommunikationsarbeit sowie die Management-Themen Führung, Transformation und Kulturwandel. Die von ihr konzipierten und durchgeführten Führungskräftetrainings nutzen aktuelle Erkennntisse der Neurowissenschaft, Verhaltensökonomie und Wirtschaftspsychologie. Zu ihren Kunden gehören Dax-Konzerne, KMUs und Startups genauso wie öffentliche Institutionen, Stiftungen, Verbände und NGOs.