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29.05.2024 | hoouadmin
Die altonale in Hamburg: "Wir schaffen vielfältige Kulturerlebnisse, die Menschen verbinden"
Heike Gronholz ist die Geschäftsführerin der altonale, die zum ersten Mal in diesem Jahr mit der HOOU und den WATTwanderungen kooperiert. Im Gespräch erzählt die Kulturschaffende, was die altonale auszeichnet, welche besonderen Highlights das Festival bereithält und welche Themen bei dem Orga-Team jedes Jahr im Fokus stehen. Eines davon ist Nachhaltigkeit und Klimaschutz.
Und das ist auch ein Grund für die Kooperation. Denn die WATTwanderungen sind mit ihrem BioGAStmahl am 7. Juni Teil der altonale. Die Verantwortlichen um Axel Dürkop zeigen, wie sich selbst erzeugtes Biogas mit dem Fahrrad von Wilhelmsburg nach Altona bringen lässt. Es geht aber um viel mehr – nämlich um die Frage, ob sich auch in Altona eine Biogasanlage wie in Wilhelmsburg an den Zinnwerken etablieren lässt. Erfahrt nun mehr über die Hintergründe der altonale und was ihr am 7. Juni genau erleben könnt.
Was ist die Mission der altonale?
Heike Gronholz: Die Mission der altonale, das Festival der kulturellen Vielfalt, lässt sich in einem Satz formulieren: Wir schaffen vielfältige Kulturerlebnisse, die Menschen miteinander verbinden. Dabei geht es uns darum, inspirierende und berührende Momente mit den Veranstaltungen auszulösen, die nachhaltig wirken und neue Sichtweisen eröffnen. Dabei sind für uns diese Werte entscheiden:
- kulturelle Vielfalt aufzeigen,
- Partizipation ermöglichen,
- ökologische und soziale Verantwortung übernehmen,
- das Miteinander stärken und
- bewegende Begegnungen schaffen – im sozialen wie auch künstlerischem Sinne.
Wir haben ein Ziel: auf Augenhöhe mit dem Publikum und den Künstler:innen für und mit dem Stadtteil agieren. Das macht den einzigartigen, zugewandten Spirit der altonale aus.
Wie hat sich die altonale seit ihrer Gründung entwickelt und was sind die Highlights ihrer Geschichte?
Heike Gronholz: Die Highlights sind vielfältig. Die altonale feiert in diesem Jahr 25-jähriges Bestehen. Die Stärke der altonale liegt in ihrer von Anbeginn an eingeschriebenen Wandel- und Veränderbarkeit. Keine altonale gleicht der anderen. Im Jahr 1999 hat sich Festival gegründet. Es wurde aus dem Stadtteil heraus unter Beteiligung zahlreicher ansässiger Geschäfte, Unternehmen, Organisationen und Anwohner:innen ins Leben gerufen. Eine bunte Mischung aus Akteur:innen, die gemeinsam den Wunsch hatten, ihren Stadtteil zu stärken und ein Straßenfest zu feiern.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten war das Fest bereits im zweiten Jahr sehr erfolgreich: Es wurden 100.000 Besucher:innen gezählt. Was als überschaubares Straßenfest begann, hat sich zu einem der größten Kulturfeste in Norddeutschland etabliert und nun ist die altonale DAS Festival der kulturellen Vielfalt in der Region geworden.
In 2010 kam die Ausrichtung eines weiteren Festivals für Performances im öffentlichen Raum hinzu, das STAMP-Festival. Ein Festival im Festival. Diese Kunstform, die interventionistische Bespielung urbaner Räume, ist der altonale ein besonderes Anliegen. Öffentliche Räume, wo die Menschen schon sind. Ein Programm aus nahezu allen Kultursparten, wie Bildende Kunst, Literatur, Musik, Film und Theater, wurde in Ergänzung zum Straßenfest geschaffen. Für die Darbietungen wurden außergewöhnliche Räume im Stadtteil gesucht wie leerstehende Lagerhallen, Friseursalons, private Wohnzimmer und vieles mehr. Die Nutzung bestehender, häufig auch nicht-kulturaffiner Räume im Stadtteil, zeichnet das Festival aus.
Wie prägt die altonale den Stadtteil und welche Bedeutung hat sie für das kulturelle und politische Leben in Hamburg?
Heike Gronholz: Ich denke, die altonale hat eine ganz besondere Bedeutung erlangt. Sie ist Modellprojekt für andere Stadtteile oder Städte – besonders in Bezug auf ihre immer schon partizipative Ausrichtung. Lange bevor das Thema „Teilhabe“ en vogue wurde, hat sich die altonale damit beschäftigt, Formate zu entwickeln, die das Publikum beziehungsweise die Menschen im Stadtteil beteiligen und einbinden.
Als Beispiel sei ihr „ALTONA MACHT AUF“ zu nennen – ein Projekt, das von der „theater altonale“ kuratiert und organisiert wird. Bei diesem Projekt studieren Anwohnende etwas Künstlerisches ein und performen es von ihren Balkonen oder aus ihren Fenstern heraus. Es werden Rundgänge zu den teilnehmenden Balkonen und Fenstern organsiert. Dadurch lernen Nachbarn ihre Nachbarn auf ganz neue Art und Weise kennen. Das Format ist seit Jahren äußerst beliebt.
Die jährlich wechselnden europäischen Partnerstädte der altonale haben uns zum Beispiel schon mehrfach nach den Gelingensfaktoren dafür gefragt. Die Stadt Hamburg begegnet der altonale mit viel Wertschätzung für unsere einzigartige Ausrichtung. Für uns gilt in gewisser Weise immer noch der Slogan „Kultur für alle“. Das bedeutet, dass die Teilhabe der Menschen im Mittelpunkt steht. Und das wollen wir auch in Zukunft noch vertiefen: aus Konsument:innen Teilhabende zu machen. Es gibt bei uns keinen festen Eintrittspreis. Für alle rund 180 bis 200 Veranstaltungen gilt „Pay What You Want“.
Außerdem prägen die jeweils aktuellen gesellschaftlichen Geschehnisse das jeweilige Programm. Das zeigt sich zum Beispiel in unserem jährlich wechselnden Schwerpunktthema. Dieses Jahr haben wir das Motto „Transparenz“, 2023 war es „Umbruch“. Wir haben in den vergangenen Jahren verstärkt öffentliche und gesellschaftliche Diskurse aufgegriffen und dafür Gesprächsformate geschaffen. Der Titel dafür ist „altonale Salon“.
Inwiefern spielt Nachhaltigkeit eine Rolle bei der Gestaltung und Durchführung der altonale?
Heike Gronholz: Nachhaltigkeit ist DAS Querschnittsthema der altonale. Es zieht sich durch alle Bereiche und die gesamte Festivalstruktur. Seit etwas 15 Jahren hat es sich Schritt für Schritt zu einem immer bedeutenderen Element entwickelt. Die Mitwirkenden der altonale haben ein gemeinsames Verständnis dafür entwickelt. Es hat lange gedauert, Nachhaltigkeit nicht mehr als ein aufwendiges Nischenthema anzusehen, sondern einzubinden. Den Durchbruch dafür haben wir vor drei Jahren erlangt. Wir haben die Nachhaltigkeitsziele auf uns appliziert. Sind in der Betrachtung des Themas von uns ausgegangen, von unserer Expertise, von dem, was wir schon machen. So wurde es in die entsprechenden Schnittstellen eingeführt, von unten nach oben.
Wir haben uns kleine, leichter erreichbare Ziele gesetzt und jährliche Fokusthemen abgestimmt, wie zum Beispiel Mobilität oder Energie. Das wiederum wird unter vier Gesichtspunkten beleuchtet: sozial, künstlerisch, ökologisch und ökonomisch.
Vor welchen Herausforderungen steht die altonale und wie begegnet das Organisationsteam diesen?
Heike Gronholz: Eine große Herausforderung besteht darin, dieses wesentliche Thema kontinuierlich, über das gesamte Jahr hinweg, zu behandeln. In diesem Jahr konnte wir die dafür eingerichtete Stelle nicht mehr finanzieren, die dafür notwendige Förderung konnte nicht wieder generiert werden. Ein großer Verlust. Es bedarf einer Person, die die Fäden zieht und zusammenhält – und vor allem auch die Kommunikation übernimmt, nach außen und innerhalb des gesamten Teams. Wir merken dieses Jahr, wie schwer es uns fällt, die Bälle zum Thema in der Luft zu halten. Die Entlastung durch eine dafür verantwortliche Person ist unverzichtbar, sowohl das Thema als auch unsere Festivalstruktur ist zu vielschichtig.
Welche Anekdoten oder Momente in der Geschichte der altonale unterstreichen die Einzigartigkeit dieses Events?
Heike Gronholz: In der gesamten 25-jährigen Geschichte gibt es sicher unzählige bemerkenswerte Momente. Ich bin selbst erst seit 2016 dabei, aber mittlerweile auch schon acht Jahre. Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen. Von den insgesamt über 60 Mitwirkenden (inklusive Produktionshelfer:innen und ehrenamtlich Tätigen) würden sie ganz unterschiedliche Anekdoten hören. Meine ist kurz erzählt: Ich stehe am Festivalzentrum im Park am Platz der Republik und eine junge Frau und ihr Mann kommen auf mich zu. Sie strahlen mich an und erzählen mir, dass sie in der Nähe des Parks wohnen und sich wochenlang auf die altonale gefreut haben – auf das ungezwungene, leichte Zusammensein mit anderen, auf das entdeckungsreiche Programm und auf viele überraschende Momente, die sie berühren und ins Gespräch bringen. Ich sehe die beiden seit fünf Jahren immer wieder, immer mit diesem Strahlen im Gesicht.
Auf welche Weise trägt die altonale zur kulturellen Vielfalt Hamburgs bei?
Heike Gronholz: In allem, was wir tun – wir sind ja DAS Festival der kulturellen Vielfalt. Unser Programm setzt sich aus allen Genres zusammen, unsere außergewöhnlichen Spiel- und Aufführungsorte sind über den gesamten Stadtteil verteilt, unsere Künstler:innen kommen sowohl aus Altona und Hamburg als auch aus unterschiedlichen europäischen Ländern (lokal und zugleich international). Unsere Netzwerk- und Kooperationspartner:innen sowie Sponsor:innen setzen sich aus vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Unternehmen zusammen. Hier einige Zahlen dazu: 30 Unternehmen, die uns unterstützen, 150 Partner:innen (NGOs und Vereine). Unser Publikum kommt aus Altona, ganz Hamburg und dem Umland – es ist so vielfältig wie der Stadtteil selbst. Am Festivalzentrum sind alle Altersstufen vertreten. Unser Kernteam ist mittlerweile recht divers – aber es gibt natürlich immer Luft nach oben.
Wie hat sich die altonale im Laufe der Jahre verändert und angepasst, um gesellschaftliche Entwicklungen zu reflektieren?
Heike Gronholz: Wir haben diskursive partizipative Formate entwickelt, zum Beispiel im vergangenen Jahr mit der Geheimen Dramaturgischen Gesellschaft. Wir führen öffentliche moderierte Gespräche mit Aktivist:innen wie Kübra Gümüsay oder Buchautor:innen wie Hendrik Cremer zu seinem jüngst veröffentlichten Buch „Je länger wir warten, desto mehr Mut werden wir brauchen. Wie gefährlich die AfD wirklich ist.“
Vor Corona hatten wir eine Art World-Cafe im Thalia in der Gaußstraße. Dort haben wir auf Augenhöhe mit den Gästen Unterthemen unseres jeweiligen Mottos diskutiert wie Grenzen oder Reichtum. Unser Jahresmotto spornt uns an und zieht sich wie ein roter Faden durch viele Programmpunkte.
Welche gesellschaftlichen Entwicklungen waren besonders prägend?
Heike Gronholz: Corona war natürlich prägend – und alle derzeitigen Krisen beschäftigen uns sehr. Allem voran die Umweltzerstörung und auch ganz besonders der erstarkende Populismus und Rechtsextremismus sowie die autokratisch geführten Regierungen in Europa und weltweit. Hinzu kommen der unfassbare Ukraine-Krieg und die heftige Radikalisierung des Nahost-Konfliktes. Es ist der immer weiter aufkeimende Rechtsextremismus, der uns antreibt, uns für eine freiheitliche und parlamentarische Demokratie, wie wir es nur irgendwie können, einzusetzen. Wir sind von Beginn an Teil der Initiative DIE VIELEN und aktuell ihrer Kampagne „Shield and Shine“. Angesichts der Wahlen in Europa und im Bezirk am 9. Juni haben wir uns der Bewegung „GoVote“ angeschlossen. Wir nehmen mit unserem Programm direkt Bezug auf die politische Situation.
Wie geht die altonale mit der Digitalisierung um und welche neuen Formate sind daraus entstanden?
Heike Gronholz: Während Corona im Jahr 2021 ist eine komplett neue Streaming-Produktion entstanden: altonale circus digital. Das war Performance, Interview, Musik aus der Küche, Gespräch über die deutsch-dänische Grenze hinweg, Kunst aus dem Wohnzimmer, Superheld:innen, Astronaut:innen und ein Hai, der durch einen brennenden Reifen sprang. Mit diesem neu entwickelten und inszenierten Format sind wir für uns ungewohnte digitale Wege gegangen: An acht Abenden wurde eine 60-minütige, eigenproduzierte und außergewöhnliche Show mit sehr tollen Talkgästen im Streaming-Format ausgestrahlt. Die Show bestand aus wiederkehrenden Elementen und Leitmotiven, wie kurzen VoxPop-Clips zum Thema „Systemrelevanz“, Beiträgen der altonale-Kultursparten und Interviews zu aktuellen kulturellen und sozialen Themen.
Diese Produktion hat uns um so viele Erfahrungen reicher gemacht und vieles, technisch als auch inhaltlich, gelehrt – auch, was es bedeutet, zu „scheitern“. Die Produktion war gut und schlecht zugleich und deswegen wieder gut. Eine irre Erfahrung.
Gibt es Partnerschaften oder Kooperationen, die für die altonale besonders fruchtbar waren oder neue Impulse gesetzt haben?
Heike Gronholz: Ja, zum Beispiel die Kooperation mit foodsharing e.V., Fridays for Future, GREEN EVENTS Hamburg, SoliSolar e.V., KEBAP Energiebunker, Amnesty Hamburg, Ecomove International e.V., Christianskirche, Thalia Theater Gaußstraße, Altonaer Museum, Lichtmeß-Kino, Stadtkultur Hamburg e.V., Clubkombinat Hamburg e.V., Kurzfilmfestival Hamburg, HfbK Hamburg und natürlich mit der HOUU… Mit vielen dieser Institutionen verbindet uns eine langjährige Zusammenarbeit. Wir haben Projekte gemeinsam erarbeitet, Formate ins Leben gerufen sowie Inhalte und Veranstaltungen ausgetauscht.
Am 7. Juni findet ein Event statt, das die altonale mit den WATTwanderungen der HOOU verbindet. Worum geht es genau?
Heike Gronholz: Wir freuen uns immer über neue Kooperationen wie im Juni mit der HOOU und den WATTwanderungen. Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen, so dass wir direkt begeistert von der Initiative der BioGAStmahle waren. Darum laden wir zum Parkour für eine bessere Welt ein. Mit einem Fahrrad-Korso, bei dem wir eigens produziertes Biogas in Säcken von Wilhelmsburg nach Altona bringen, und einem anschließenden BioGAStmahl. Außerdem gibt es künstlerische Interventionen und vieles mehr! Gemeinsam mit den Besucher:innen und vielen Freiwilligen schnibbeln wir ein Festmahl aus geretteten Lebensmitteln und kochen zum ersten Mal mit Biogas. Und es gibt eine zukunftsweisende Vision: Wie wäre es, eine nachbarschaftlich betriebene Biogasanlage in Altona zu betreiben? Was in Wilhelmsburg gelingt, würde doch auch nach Altona passen! Es wird also spannend am 7. Juni.
Du interessierst dich für die WATTwanderungen der TU Hamburg und der HOOU und möchtest auch wissen, was es mit dem BioGAStmahl im Rahmen der altonale auf sich hat? Dann findest du auf wattwanderungen.hoou.tuhh.de alle Informationen.
28.05.2024 | Meena Stavesand
Ideenfinder und Problemlöser: Jan Küchenhof slammt über ein Ärgernis, das jeder kennt
Als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der TU Hamburg ist es Jan Küchenhof nicht fremd, vor einem Publikum zu stehen. An einem Slam hat er allerdings noch nie teilgenommen. Mit uns spricht er darüber, was er beim ersten Science-and-Art-Slam der HOOU am Donnerstag, 30. Mai, plant und wie er die Zuschauer:innen begeistern möchte. Dabei geht es vor allem um ein Problem, über das sich viele Menschen tagtäglich ärgern.
Beim Science-and-Art-Slam verschmelzen komplexe wissenschaftliche Themen mit künstlerischen Ausdrucksformen. An diesem Abend steht die Unterhaltung im Vordergrund. Und so reicht die Vielfalt der Beiträge von wissenschaftlichen Vorträgen über künstlerische Performances bis hin zu multimedialen Präsentationen, die die Breite und Tiefe der HOOU-Themen widerspiegeln.
Der Science-and-Art-Slam ist mehr als eine reine Wissensvermittlung – er ist ein interdisziplinärer Dialog und ein inspirierender Treffpunkt für alle, die sich für die Verbindung von Wissenschaft und Kunst begeistern. Moderiert wird der Abend von Ronny Röwert, der mit Charme und Fachwissen durch das Programm führt.
Letzter Schliff für den Auftritt
Am 30. Mai bittet Ronny auch Jan Küchenhof auf die Bühne. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der TU Hamburg ist überzeugt, dass jeder Mensch Ideen hat und dass man Kreativität lernen kann. Mit seinem kostenlosen Lernangebot „Collaborative Ideation“ hat er gezeigt, wie wir gemeinsam Ideen für komplexe und gesellschaftlich relevante Probleme finden und entwickeln können.
Genau dieses Thema möchte Jan beim Science-and-Art-Slam aufgreifen – und mit dem Publikum in Interaktion treten. „Ich freue mich sehr auf den Austausch mit dem Publikum und auf die Reaktionen auf meinen Slam“, erzählt Jan, bei dem sich die Aufregung zwei Tage vor der Veranstaltung noch in Grenzen hält.
Derzeit feilt er nach einem Coaching an seinem Auftritt, gibt dem Konzept den letzten Schliff und wird dann noch ein wenig üben. Vor dem Spiegel? „Ja, das ist der Plan“, sagt er – und lacht.
Das Problem begegnet uns täglich
Mit Julia Offe, die schon viele Science-Slams organisiert hat, unter anderem in Hamburg, hat Jan im Vorfeld über sein Konzept gesprochen. Es sei ein bisschen auf den Kopf gestellt worden, erzählt Jan, aber jetzt könne er ein Skript schreiben und alles ausarbeiten. „Julia hat mir vor allem dabei geholfen, das richtige Problem anzusprechen, mit dem die Zuschauer:innen auch schnell etwas anfangen können.“
Und so geht es in seinem Slam um ein Ärgernis, das eigentlich jeder kennt und das uns immer wieder begegnet. Was genau das sein wird, verraten wir natürlich noch nicht. Nur so viel: Jeder wird sich angesprochen fühlen – egal aus welchem Blickwinkel.
Schnell sein: Letzte Tickets sichern
Es sind nur noch wenige Plätze frei. Kurzentschlossene, die am Donnerstag, 30. Mai, von 17.30 bis 20.30 Uhr in der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg dabei sein wollen, müssen also schnell sein. Kostenlose Anmeldungen sind noch bis zum 29. Mai möglich.
Das vollständige Programm finden sich hier. Der Science-and-Art-Slam ist eine Kooperation der Hamburg Open Online University und der Bücherhallen Hamburg.
23.05.2024 | Meena Stavesand
75 Jahre Grundgesetz: Das Fundament unseres Zusammenlebens in einem freien, demokratischen Land
Der 23. Mai 1949 ist ein ganz besonderer Tag für Deutschland. Er markiert einen Wendepunkt in der Geschichte dieses Landes. Das Grundgesetz trat heute vor 75 Jahren in Kraft. Es folgte die Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
In einer Zeit, die noch von den Verwüstungen des Zweiten Weltkriegs und der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus geprägt war, symbolisierte das Grundgesetz einen Neuanfang und die Hoffnung auf eine stabile, demokratische Zukunft. Das von den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates um den späteren ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) mit Sorgfalt und Weitsicht erarbeitete Dokument legte den Grundstein für ein demokratisches und rechtsstaatliches Deutschland.
Stabiler Rahmen der deutschen Demokratie
Die Entstehung des Grundgesetzes war geprägt von intensiven Diskussionen und dem Bestreben, eine Verfassung zu schaffen, die sowohl die Fehler der Vergangenheit vermeidet als auch die Grundlagen für eine friedliche und gerechte Gesellschaft legt.
Am 8. Mai 1949 wurde es verabschiedet und trat schließlich heute vor 75 Jahren, am 23. Mai 1949, in Kraft. Das Grundgesetz bildet bis heute den stabilen Rahmen der deutschen Demokratie.
„Die Menschenwürde und die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger stehen am Anfang des Grundgesetzes. Sie bilden seinen Kern und sein inneres Selbstverständnis. Wir können uns glücklich schätzen, in einem Land mit einer solch großartigen Verfassung zu leben. Unser Grundgesetz ist Garant für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat.“
Dr. Marco Buschmann, Bundesjustizminister
Der aktuelle Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) macht deutlich, welch große Bedeutung das Grundgesetz für den Staat, aber auch für uns als Bürgerinnen und Bürger hat.
Das Grundgesetz: Menschenwürde, Freiheit, Rechtsstaatlichkeit
Die Bedeutung des Grundgesetzes für die Demokratie in Deutschland lässt sich durch fünf wesentliche Eigenschaften erklären:
- Schutz der Menschenwürde: Artikel 1 des Grundgesetzes stellt die Menschenwürde in den Mittelpunkt und verpflichtet den Staat, sie zu achten und zu schützen. Dieser Grundsatz bildet das ethische Fundament der Verfassung und stellt sicher, dass alle staatlichen Maßnahmen die Menschenrechte achten.
- Grundrechte und Freiheiten: Das Grundgesetz garantiert grundlegende Freiheitsrechte wie Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Religionsfreiheit sowie das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Diese Rechte sind für eine offene und pluralistische Gesellschaft unverzichtbar.
- Rechtsstaatlichkeit: Das Grundgesetz schafft die Grundlage für einen Rechtsstaat, in dem Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung an die Verfassung gebunden sind. Gewaltenteilung und eine unabhängige Justiz sorgen dafür, dass Machtmissbrauch verhindert und Gerechtigkeit gewahrt wird.
- Demokratische Teilhabe: Die Verfassung garantiert das Recht auf politische Partizipation durch freie, gleiche und geheime Wahlen. Dies ermöglicht den Bürgerinnen und Bürgern, sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen und die Richtung des Landes mitzubestimmen.
- Sozialstaatlichkeit: Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit zu fördern. Dies spiegelt sich in den Sozialstaatsprinzipien wider, die soziale Sicherheit und Chancengleichheit gewährleisten sollen.
Das Grundgesetz hat sich in den vergangenen 75 Jahren als tragfähiges Fundament der politischen Ordnung erwiesen. Es schützt die Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger und verankert die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Gewaltenteilung.
Hass im Netz und Fake News bedrohen demokratische Werte
Doch auch in einer gefestigten Demokratie stehen die Prinzipien, die im Grundgesetz verankert sind, vor neuen Herausforderungen, insbesondere in der digitalen Welt.
Die zunehmende Verbreitung von Hassrede im Netz und Fake News stellt eine ernste Bedrohung für die demokratischen Werte dar, die das Grundgesetz schützt. Diese Phänomene untergraben den gesellschaftlichen Zusammenhalt, fördern Extremismus und gefährden die freie Meinungsbildung. In einer Demokratie ist der Kampf gegen Hatespeech und die Verbreitung von Falschinformationen von entscheidender Bedeutung.
Wir helfen dir, Falschnachrichten zu erkennen und gegen Hatespeech vorzugehen
Es ist essenziell, dass wir Maßnahmen ergreifen, um die Integrität unserer demokratischen Prozesse zu wahren und die Menschenwürde zu schützen. Das Grundgesetz bietet die rechtliche Grundlage, um gegen diese Bedrohungen vorzugehen und die Freiheit und Sicherheit im digitalen Raum zu gewährleisten.
Daher ist es unsere Verantwortung, die Prinzipien des Grundgesetzes zu verteidigen und sicherzustellen, dass auch im digitalen Zeitalter eine offene und demokratische Gesellschaft bestehen bleibt.
Wir an der HOOU bieten unter anderem zwei Lernangebote, die dir helfen, erstens Fake News als Falschnachrichten zu erkennen sowie deine Medienkompetenz zu stärken und zweitens gegen Hassrede vorzugehen, solltest du selbst davon betroffen sein oder bei anderen davon lesen.
Lernangebot zu Hass im Netz: Don’t hate. Participate!
Hass im Netz ist ein allgegenwärtiges Thema und betrifft sehr viele Menschen. Darum ist es wichtig, dagegen vorzugehen. Doch wie? In unserem Lernangebot „Don’t hate. Participate.“ der HAW Hamburg gibt es Handlungsempfehlungen für Lehrkräfte und Jugendliche, die sich gegen Online-Hetze stemmen wollen. Du findest darin Hintergrundwissen und Materialien, um etwa lokale Aktionstage zu den Themen „Hass im Netz“ und „Demokratiebildung“ zu organisieren.
Wer Hass im Netz erlebt oder bei anderen Menschen Hetze beobachtet, kann auf einige bewährte Maßnahmen zurückgreifen:
- Nicht schweigen: Ignoriere Hass und Hetze nicht. Es ist wichtig, solche Inhalte nicht zu verbreiten, aber du kannst sie melden oder öffentlich darauf reagieren, um auf das Problem aufmerksam zu machen.
- Beweise sammeln: Wenn du belästigst wirst, ist es ratsam, Beweise zu sammeln, indem du Screenshots machst oder Aufzeichnungen führst, um die Vorfälle später melden zu können.
- Hass melden: Nutze die Meldefunktionen der Plattform, auf der der Hass oder die Hetze stattfindet. Die meisten sozialen Medien haben Richtlinien gegen Hassrede und Hetze und werden Schritte unternehmen, um diese zu entfernen.
- Unterstützung suchen: Suche Unterstützung bei Freundinnen und Freunden, bei der Familie oder bei professionellen Beraterinnen und Beratern, um mit den emotionalen Auswirkungen von Hass und Hetze umzugehen.
Lernangebot: #usethenews für mehr Medien- und Nachrichtenkompetenz
Seit dem schrecklichen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und die Eskalation im Nahen Osten erreichen uns insbesondere über Social Media immer wieder Nachrichten und Bilder aus Kriegsgebieten. TikTok, Instagram, YouTube und andere Social-Media-Plattformen sind voll davon. Doch wie erkennen wir direkt, ob die Nachrichten echt sind? Wie können vor allem Jugendliche zwischen Nachrichten, Fakes und Propaganda unterscheiden?
Das Lernangebot #usethenews der HAW Hamburg greift diese Frage und weitere spannende Aspekte auf. Es geht dabei um Nachrichtennutzung, aber auch um Nachrichten- und Medienkompetenz. Diese soll gestärkt werden – und das schließt auch das Erkennen von Fake News ein.
Demokratische Werte stärken und widerstandsfähige Gesellschaft fördern
Am 23. Mai sollten wir indes nicht nur die Errungenschaften des Grundgesetzes feiern, sondern auch die Gelegenheit nutzen, uns aktiv mit den aktuellen Herausforderungen auseinanderzusetzen, die unsere Demokratie bedrohen. Indem wir uns mit den Lernangeboten zu Medienkompetenz und dem Kampf gegen Hass im Netz beschäftigen, können wir die Prinzipien des Grundgesetzes in der digitalen Welt verteidigen, unsere demokratischen Werte stärken und eine respektvolle, informierte und widerstandsfähige Gesellschaft fördern.
17.05.2024 | Meena Stavesand
KI im Studium nutzen: Darum sollten sich Studierende mit KI-Tools auseinandersetzen
ChatGPT, DeepL und Co. sparen viel Zeit. Bei den täglichen Routinen am Schreibtisch, aber auch bei der kreativen Arbeit. Doch wie lassen sich KI-Tools im Studium einsetzen?
Es ist eine spannende Frage, die Franz Vergöhl und Sophie Heins von der HafenCity Universität mit Studierenden besprochen haben. KI-Tools im Studium einsetzen – aber wie? Aus den Ergebnissen der Gespräche ist ein neues HOOU-Lernangebot entstanden: KI im Studium nutzen. Was in dem Kurs vermittelt wird und wie sich sowohl Studierende als auch Hochschulen in Zukunft auf den Einsatz von KI einstellen sollten, darüber sprechen wir mit den beiden im Interview.
Was ist euer Lieblings-KI-Tool?
Franz Vergöhl: Mein Lieblings-KI-Tool ist tatsächlich ChatGPT, das ich sehr gerne als Sparringspartner verwende, sei es für schwierige E-Mails, Projektideen, Titel für Podcastfolgen oder Artikel, aber auch für Social Media. Ich lasse mir zum Beispiel gerne Dinge vorformulieren oder auch Fragen stellen und verwende dann meine eigenen Formulierungen. Außerdem lasse ich mir manchmal Dinge von ChatGPT erklären, die ich sonst googeln müsste.
Sophie Heins: In letzter Zeit benutze ich vor allem DeepL Write, um E-Mails, die ich formuliere, von der Zeichensetzung korrigieren oder stilistisch besser formulieren zu lassen. Aber es kommt immer auf die Anwendung an. Also ChatGPT benutze ich natürlich auch, das finde ich ebenfalls sehr praktisch.
Ihr nutzt also KI-Tools in eurer täglichen Arbeit.
Sophie Heins: Ja. Wir hatten zum Beispiel vor kurzem eine Auftaktveranstaltung für eine Lehrveranstaltung und wir sind ganz begeistert von unserer ersten Aufgabe, die wir den Studierenden gegeben haben. Die haben wir nämlich mit Hilfe von ChatGPT generiert. Ich glaube nicht, dass wir selbst so schnell auf diese Aufgabe gekommen wären. Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie wir KI auch einsetzen. Es geht nicht nur darum, Texte zu verbessern oder zu korrigieren. KI-Tools können viel mehr.
Was war die Aufgabe?
Sophie Heins: In dem Seminar geht es darum, wie wir Städte nachhaltig gestalten können. Die Studierenden sollten dann in die Hafencity gehen und sie auf bestimmte Aspekte hin untersuchen – unter anderem auf nachhaltiges Wohnen. Eine Gruppe hat sich auf negative Punkte konzentriert, eine andere auf positive. Ihre Eindrücke sollten sie fotografisch dokumentieren. Anschließend haben wir anhand der Fotos darüber diskutiert. Die Fotodokumentation war eine Idee von ChatGPT.
Wie war das Feedback dazu?
Sophie Heins: Das kam bei den Studierenden sehr gut an, weil es eine willkommene Abwechslung zur Vorlesung ist. Sie müssen raus, sie machen Fotos, sie tauschen sich aus, sie diskutieren miteinander. Im Idealfall sind die Gruppen mit Studierenden aus verschiedenen Studiengängen gemischt, so dass verschiedene Perspektiven aufeinandertreffen. Auch wir sind von der Aufgabe begeistert.
Franz Vergöhl: Für kreative Aufgaben ist ChatGPT sehr hilfreich. Aber auch für organisatorische Aufgaben verwende ich es gerne. Derzeit koordiniere ich eine Runde mit verschiedenen Lehrenden aus Deutschland, die sich regelmäßig zum Austausch treffen. Für die Organisation mit vielen Informationen, die sinnvoll und schnell lesbar zusammengestellt werden müssen, benutze ich es ebenfalls. Ich schreibe alle Informationen nach bestem Wissen auf und frage dann die KI. Sie formuliert es so, dass es keine Dopplungen, keine unnötigen Füllwörter und dergleichen mehr gibt. Das ist sprachlich oft viel präziser, prägnanter und strukturierter und damit eine große Hilfe.
Und es geht auch viel schneller.
Franz Vergöhl: Ja, und es gibt eine gewisse Sicherheit, dass alles sinnvoll formuliert ist. Wenn ich den Text dann einer Kollegin zeige, haben wir eigentlich ein Sechs-Augen-Prinzip.
Wie geht ihr mit den Daten um?
Franz Vergöhl: Ich ändere zum Beispiel immer die Namen. Ansonsten arbeite ich, wenn ich ChatGPT benutze, mit wenig sensiblen Daten. Es gibt keine Forschungsdaten von Studierenden, die zurückverfolgt werden können oder ähnliches.
In eurem neuen Lernangebot auf der HOOU geht es auch um KI-Tools – und zwar um deren Einsatz im Studium. Wie seid ihr darauf gekommen?
Franz Vergöhl: Zum einen waren wir der Meinung, dass Studierende, die sich für den Einsatz von KI-Tools interessieren, mehr brauchen als die Handreichungen der Hochschulen. Die sind nicht wirklich pragmatisch und oft auch von der Sprache und vom Medium her nicht an die Studierenden gerichtet. Das fanden wir schwierig. Auf der anderen Seite ist KI so neu, dass es aus Sicht der Forschung oder der Wissenschaft keinen Wissensvorsprung gibt. Wir sind hier nicht in Themen unterwegs, die Professorinnen und Professoren seit 40 Jahren erforschen und dann den Bachelorstudierenden im ersten Semester ihren Wissensvorsprung präsentieren.
Wir wollten ein Gegengewicht schaffen und die Studierenden fragen, wie sie eigentlich mit KI umgehen, was sie voneinander lernen und wie sie sich gegenseitig unterstützen können? Die Grundidee war also, das studentische Wissen beziehungsweise die studentische Perspektive in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie seid ihr dabei vorgegangen?
Sophie Heins: Wir haben viele Interviews mit Studierenden geführt oder mit Leuten gesprochen, die gerade ihr Studium abgeschlossen haben. Wir haben sie zum Beispiel gefragt, wie sich KI auf ihren späteren Beruf auswirkt oder ob sie sich bei der Anwendung von KI-Tools von den Hochschulen unterstützt fühlen. Was sie sich in diesem Zusammenhang wünschen. Daraus haben wir dann das Angebot entwickelt, das sich mit KI an sich beschäftigt, das generative KI erklärt und in KI als Werkzeug einführt, aber auch die Herausforderungen und Risiken von KI im Allgemeinen und im Rahmen der Bildung thematisiert.
Wir gehen auch darauf ein, was wir und KI für inklusive Bildung tun können, denn darum geht es im SDG 4 – hochwertige Bildung – im Rahmen der Sustainable Development Goals (SDGs). Das sind 17 Nachhaltigkeitsziele als politische Ziele der Vereinten Nationen, die weltweit eine nachhaltige Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene sicherstellen sollen. Das ist uns wichtig, weil wir an dem SDG-Campus an der HafenCity Universität angesiedelt sind. Darüber hinaus bietet der Kurs Beispiele dafür, wie KI konkret im Studium eingesetzt werden kann – von der Recherche über die Textverarbeitung bis hin zur Konzeptentwicklung – und gibt den Lernenden immer wieder die Möglichkeit, von ihren Erfahrungen in Foren zu berichten und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.
Schließlich gibt es noch eine praktische Aufgabe mit der Frage: Wie können innovative Lösungen für Bildungsprobleme auf globaler Ebene dienen und gleichzeitig individuelle Bedürfnisse und soziale Gerechtigkeit im Bildungssystem fördern?
Das klingt spannend. Auch für diese Frage könnte man KI einsetzen – zumindest zum Brainstorming. Was meint ihr dazu: Ist die Hemmschwelle bei Studierenden groß, KI-Tools für studentische Aufgaben zu nutzen?
Franz Vergöhl: Nach meiner Wahrnehmung gibt es eher eine Hemmschwelle bei Studierenden, mit Lehrenden über den Einsatz von KI-Tools zu sprechen. Ich gehe davon aus, dass jeder schon einmal in die Anwendungen hineingeschaut hat. Aber bevor man sie im Studium einsetzt, sollte man sich gut informieren und mit anderen austauschen. Was darf man? Was darf man nicht? Unter welchen Bedingungen darf man? Gibt es Leitfäden und Regeln an der eigenen Hochschule?
Es ist aber auch wichtig, sich bereits im Studium mit KI zu beschäftigen. Denn die Kompetenz, mit KI-Werkzeugen umgehen zu können, wird wahrscheinlich auch im späteren Beruf benötigt. Es macht also keinen Sinn, sich im Studium davor zu drücken. Spätestens auf dem Arbeitsmarkt wird es verlangt.
Wie läuft der Diskurs über KI-Tools derzeit an den Hochschulen?
Franz Vergöhl: Es passiert viel, aber es wird noch nicht alles kommuniziert. Es wird sehr intensiv diskutiert, wie man KI strategisch einbinden kann. Kommt es in die Curricula der Bachelor-Studiengänge? Gibt es so etwas wie ein Studium Generale für KI? Wird es eher einzelne Kurse geben, in denen „Future Skills“ zum Beispiel in Projekten vermittelt werden? Wir sind glücklicherweise über den ersten Punkt hinaus, wo wir nur über Prüfung und Täuschung der Studierenden durch KI diskutiert haben. Das haben die Hochschulleitungen flächendeckend verstanden. Aber was unter der Oberfläche passiert, das kann ich in der Breite nicht sagen.
Ich glaube, was die Hochschulen tun sollten und was sie alle nicht tun, ist: Partizipativ mit ihren Studierenden zu sprechen, also die Studierenden als Ressource wahrzunehmen, um mit ihnen zu diskutieren. Was braucht ihr an welcher Stelle für euer Studium, was wünscht ihr euch für euren späteren Beruf? Das gemeinsam auszuhandeln, das ist etwas, was aus meiner Sicht viel zu wenig passiert. Und da braucht es ein bisschen mehr Tempo.
Sophie Heins: Ich möchte ergänzen, dass auch die Lehrenden mit ins Boot geholt werden müssen. Der Umgang mit KI sollte ein Diskurs sein, der mit allen Beteiligten an der Hochschule stattfindet. Mit unserem Lehrangebot an der HCU gehen wir einen ersten Schritt, um dafür eine Basis zu schaffen.
Sophie Heins und Franz Vergöhl treten beim Science-and-Art-Slam der HOOU auf
Bei ihrem Slam geht es ums Prompten – genauer um ein Prompt Battle, bei dem sie auch auf die Nutzung von KI im Studium eingehen. Das wird richtig spannend!
Bei dem ersten Science-and-Art-Slam der HOOU gibt es aber noch weitere tolle Beiträge – und du kannst live dabei sein. Am 30. Mai laden wir dich kostenlos in die Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg ein und zeigen dir, wie wir Wissenschaft und Kunst miteinander verbinden. Erfahre in unserem Beitrag, wer alles die Bühne stürmt und was der Abend sonst noch bereithält!
01.05.2024 | Meena Stavesand
Klimaparlament: Deine Stimme für die Wesen und Unwesen auf unserem Planeten
Beim Klimaparlament, das wir im Rahmen der WATTwanderungen der TU Hamburg organisieren, wollen wir Wesen und Unwesen Gehör verschaffen, die keine Stimme haben. Denn nicht immer soll der Mensch über alles entscheiden, was unseren Planeten betrifft.
Was denken eigentlich die Tiere im Tierpark Hagenbeck über den Klimawandel? Sehnen sie immer längere Hitzeperioden herbei? Finden sie den Klimawandel also möglicherweise sogar gut? Wir wissen es nicht, weil wir sie nicht fragen können. Leider. Denn wir, die Menschen, treffen zum einen mit unseren Handlungen, zum anderen aber auch in der Politik Entscheidungen, die enorme Auswirkungen auf die Tiere haben. Warum eigentlich? Gibt es nur diesen einen Weg?
Flora, Fauna und Co. eine Stimme geben
Wie wäre es, wenn wir den Spieß einmal umdrehen und die Wesen zu Wort kommen lassen, die unseren Planeten zum Großteil besiedeln? Die Menschen sind das nämlich nicht. Sie nehmen nur einen sehr geringen Teil der Biomasse auf der Welt ein. Pflanzen (mit großem Abstand) und Bakterien sind in dem Ranking der Biomasse auf den Plätzen eins und zwei.
Menschen schlüpfen in andere Rollen
Also wie wäre es, wenn wir für die sprechen, die gar keine Stimme haben, weil sie als Pflanzen, Flüsse, Gebilde, Gebäude oder andere (Un-)Wesen existieren. Um ihnen Gehör zu verschaffen, gibt es das Klimaparlament. Das ist eine Zusammenkunft von Botschafter:innen der besonderen Art. Die Teilnehmenden sind Menschen, aber schlüpfen dann in eine neue Rolle.
In Workshops recherchieren sie alle Informationen zu ihrem (Un-)Wesen, entwickeln Standpunkte und kämpfen für das Recht ihres (Un-)Wesens. „Um die Standpunkte wirklich gut zu vertreten, muss man sich in das Wesen oder Unwesen einfühlen, man muss es verstehen, durchdringen sozusagen“, erklärt Amelie Hensel, die mit Steffen Lars Popp 2015 das Klimaparlament als erste Idee entwickelt hat. Zum Team stießen Judith Henning, Annette Haunschild und Christoph Rothmeier hinzu. 2020 fanden in Hamburg drei Gründungsversammlungen statt und 2022 in Frankfurt eine zweite Ausgabe.
Drei Workshops und eine Parlamentssitzung
Gemeinsam mit der HOOU, den WATTwanderungen der TU Hamburg, dem Klimaparlament und den Hamburger Bücherhallen wird es im Mai und Juni in drei Workshops und einer abschließenden Parlamentssitzung die Möglichkeit geben, die eigene Perspektive zu wechseln. In den Workshops geht es darum, welche Rolle man einnehmen möchte. Dann fühlen sich die Teilnehmenden in ihr (Un-)Wesen ein, indem sie alle Informationen dazu sammeln und Standpunkte entwickeln. „Außerdem basteln wir Kostüme für das (Un-)Wesen, die die Teilnehmenden beim Abschlussevent im Idealfall auch tragen. Wir möchten damit alle Sinne ansprechen. Denn je mehr Sinne eingebunden werden, desto besser versteht man das (Un-)Wesen und ist als Botschafter:in eher bereit, im Alltag klimagerechter und empathischer zu handeln“, erklärt Amelie Hensel.
„Veranschaulichen lässt sich das beispielsweise beim Thema Smog“, ergänzt Judith Henning. „Wenn Menschen Smog einmal erlebt haben, wissen sie genau, wie schlimm dieser für den Alltag, das Leben und die Gesundheit ist. Diese Art des Einfühlens möchten wir auch bei den Botschafter:innen erreichen, die für ein (Un)Wesen sprechen.“ Denn: „Jeder, der ein (Un-)Wesen vertritt, muss auch für den Wandel bereit sein und Empathie aufbringen“, sagt Henning weiter. Es gehe darum, die eigene Rolle (also die des Menschen) aufzugeben und ausschließlich für das (Un-)Wesen zu agieren.
So funktioniert das Klimaparlament
Doch wie läuft das Ganze ab? Wer Lust, Zeit und Interesse hat, etwas Neues auszuprobieren, ein Wesen oder Unwesen besser kennenzulernen oder vielleicht schon eines im Kopf hat, für dessen Belange er oder sie brennt, für den finden im Mai und Juni drei Workshops und eine Parlamentssitzung statt.
Das sind die Termine:
- Workshop 1: Samstag, 11. Mai, 11 bis 17 Uhr, Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen
- Workshop 2: Samstag, 25. Mai, 11 bis 17 Uhr, Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen
- Workshop 3: Samstag, 1. Juni, 11 bis 17 Uhr, Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen
- Parlamentssitzung: Sonntag, 2.6., 13 bis 16 Uhr, Kulturdeck des Oetinger Verlags
Wer sich für eine Teilnahme am Klimaparlament interessiert, sollte sich idealerweise für alle vier Termine Zeit nehmen. Die Arbeit der Workshops baut aufeinander auf, Ausnahmen sind aber möglich.
Aus Mensch wird Bakterium
In den Workshops suchen sich die Teilnehmenden ihre Rolle, beschaffen sich Expertenwissen und entwickeln ihre Positionen. Mit all diesen Informationen schreiben sie dann unter Anleitung eine Rede, die sie bei der Parlamentssitzung vortragen, um die Bedürfnisse ihres (Un-)Wesens bestmöglich wiederzugeben. Darüber hinaus basteln die Teilnehmenden passende Kostüme, die die Rolle widerspiegeln. Aus Mensch wird Bakterium oder Fluss oder Staudamm oder oder oder . . .
Nach Schreiben und Basteln geht es ans Feintuning. Es kommt ein stimmiger Sound dazu, den Sounddesigner Christoph Rothmeier mit den Teilnehmenden kreiert. Am Ende steht dann die kurze, stimmungsvolle Performance während der Parlamentssitzung.
Debatten und Beschlüsse
Aber es soll nicht bei den Reden bleiben. Wünschenswert wäre eine Debatte, die alle Standpunkte inkludiert und die letztlich auch Beschlüsse nach sich zieht, um ein gerechteres Zusammenleben auf diesem Planeten zu erreichen. Denn diese Beschlüsse sollen an den Hamburger Senat übergeben werden. „Die Politik soll diese in aktuelle Entscheidungen mit einbeziehen“, erklärt Amelie Hensel. „Aber es geht uns auch darum, dass sich Menschen mit dem Thema Klima auf eine neue Art vertraut machen, die Perspektive wechseln und für andere Wesen oder Unwesen sprechen.“
Kreative Übungen und Hilfestellungen für die Arbeit
Teilnahmevoraussetzungen gibt es keine. „Man sollte Lust haben, sich mit neuen Themen zu beschäftigen“, sagt Judith Henning. Obwohl eine Rede geschrieben werden soll, muss man keine große Schreibvorerfahrung mitbringen. „Wir helfen mit kreativen Übungen und Anleitungen“, sagt Amelie Hensel. Auch die deutsche Sprache sei nicht obligatorisch. Wer einen Beitrag auf Englisch halten möchte, sei herzlich eingeladen. Es gab sogar schon eine Rede in elbischer Sprache, erzählen die Initiatorinnen.
Mitmachen können alle, die . . .
- Lust auf einen Perspektivwechsel haben,
- sich für ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Rolle interessieren,
- bereits Expertenwissen mitbringen,
- sich mit anderen zum Thema Klima(wandel) austauschen wollen,
- sich in einem Verein oder einer Initiative engagieren, die sich mit bestimmten Themen, Rollen, Wesen oder Unwesen befassen,
- älter als 10 Jahre alt sind.
Diese Wesen und Unwesen könntest du im Klimaparlament vertreten
Das klingt dir alles noch zu abstrakt? Dann haben wir hier ein paar Ideen, die bei vorherigen Klimaparlamenten in Hamburg und Frankfurt am Main umgesetzt wurden oder die das Team im Kopf hat:
- Wie viel Müll wird eigentlich beim Hafengeburtstag oder beim Dom in die Stadt getragen und was passiert damit? Man könnte die Perspektive der Straße einnehmen, des Mülleimers, des Mülls an sich oder auch des Hafengeburtstags.
- Wie viele Glühwürmchen gibt es in Hamburg, in Deutschland und generell auf der Welt noch? Wo schwirren sie herum? Warum sieht man sie immer seltener?
- Wie geht es dem Stint in Hamburg? Dem kleinen Fisch macht die Elbvertiefung zu schaffen – sein Bestand ist nur noch gering. Welche Perspektive lässt sich hier einnehmen?
- Was macht der Schierlings-Wasserfenchel, der insbesondere in der Tide-Elbregion vorkommt? Welche Perspektiven passen dazu?
- Wespen, Bienen, Schmetterlinge und alles, was herumschwirrt, bieten auch jede Menge Blickwinkel.
- Wie steht’s um die Köhlbrandbrücke? Was bedeutet der Abriss und Neubau für die Brücke, für die Umgebung, fürs Wasser, für den Hafen? Was wären die Alternativen? Gibt es sie?
Das sind nur ein paar Ideen – welche hast du? Wir freuen uns, wenn du zu unserem Klimaparlament inklusive spannender Workshops kommst!
Weitere Informationen und die Anmeldung findest du bei den Bücherhallen.
24.04.2024 | Meena Stavesand
Entdeckt das Unerwartete und kommt zum Science-and-Art-Slam in die Bücherhallen
Lasst euch beim ersten Science-and-Art-Slam der HOOU von der Kreativität und den Innovationen unserer Forschenden und Kulturschaffenden begeistern. Markiert euch den 30. Mai in eurem Kalender und kommt in die Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen. Es wird unterhaltsam, spannend und überraschend!
Wollt ihr Zeuginnen und Zeugen einer außergewöhnlichen Verschmelzung von Wissenschaft und Kunst werden? Dann seid ihr beim ersten Science-and-Art-Slam der HOOU genau richtig. In den Räumen der Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen erwartet euch ein Kaleidoskop der Inspirationen. Ihr könnt Slammerinnen und Slammer erleben, die ihre Forschungen aus der Wissenschaft und ihre Werke aus Kunst und Kultur auf die Bühne bringen und euch mit neuen Eindrücken begeistern.
Dieser Abend ist eine Expedition in die Welt der Kreativität und des Wissens. Forschende und Kulturschaffende unserer Hochschulen entführen euch in ihre ganz eigenen Welten – von den melodischen Klängen Vietnams bis hin zu den Erkenntnissen moderner Materialwissenschaften. Moderiert wird der Slam von Ronny Röwert.
Das erwartet euch beim Slam
Abwechslung wird bei unserem ersten Slam großgeschrieben. Wer am 30. Mai in den Bücherhallen dabei ist, kann folgende Darbietungen live erleben – in dieser Zusammensetzung ist es einmalig:
- Besondere Klänge: Taucht mit Tam Thi Pham von der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) ein in die faszinierende Welt der Dan Bau. Die Dan Bau ist wohl das bedeutendste Instrument aus Vietnam, das mit nur einer Saite unglaubliche Klänge erschaffen kann. Davon könnt ihr euch live überzeugen.
- Moderne Problemlöser: Entdeckt mit Jan Küchenhof von der TU Hamburg innovative Methoden der „Collaborative Ideation“. Teams können dabei gemeinsam kreative Lösungen entwickeln – für die kleinen, aber auch großen Herausforderungen unserer Gesellschaft.
- Kraftvolle Stimme: Erlebt mit Linda Smailus von der HfMT, wie man die Kraft der eigenen Stimme in pädagogischen Kontexten nutzen kann, ohne selbst ein professioneller Sänger zu sein. Ihre Session „Vocalcoaching für Musikpädagog:innen/Audisti“ bietet praktische Übungen.
- Neue Einblicke: Bewundert die Vielseitigkeit von kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff durch die Augen von Philip Rose der HAW Hamburg. Er ist ein Pionier auf dem Gebiet der Materialwissenschaften.
- Musik und Mathe: Lasst euch von Vincent Dombrowski von der HfMT in die Welt der microtonalen Musik auf dem Saxofon entführen, eine Reise von Intuition und Gefühlen hin zu Berechnung und Präzision.
- Kunst auf der Bühne: Die Inglourious Art Mediators von der Hochschule für bildende Künste (HFBK) performen „Nackte Reiter“. Mit dabei sind Prof. Dr. Nora Sternfeld, Prof. Dr. Anja Steidinger und Julia Stolba.
- Prompten im Studium: Sophie Heins und Franz Vergöhl von der HafenCity University entführen euch in die aufregende Welt der künstlichen Intelligenz mit ihrem „Prompt Battle: KI im Studium nutzen“.
Mit diesem Event möchte die HOOU in Kooperation mit den Bücherhallen einen Ort schaffen, an dem Kreativität, Innovation und Neugierde aufeinandertreffen und der Austausch zwischen Forschenden, Kunstschaffenden und der breiten Gesellschaft gefördert wird. Wir freuen uns auch, dass Frau Dr. Eva Gümbel, Hamburger Staatsrätin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, ein Grußwort sprechen wird.
Programmablauf:
17:30 Uhr: Herzliche Begrüßung
17:40 Uhr: Grußwort von Dr. Eva Gümbel, Hamburger Staatsrätin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung
18:00 Uhr: Erster Slam-Slot
18:45 Uhr: Pause
19:00 Uhr: Zweiter Slam-Slot
19:45 Uhr: Das Urteil zählt – die Publikumsabstimmung
20:30 Uhr: Preisverleihung, Abschluss und Verabschiedung
Hier meldet ihr euch an
Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist notwendig. Die Tickets sind begrenzt. Melde dich daher bitte bis zum 29. Mai an, um dir deinen Platz zu sichern.
Entscheidet mit!
Erlebt, wie Forschende und Kulturschaffende ihre Leidenschaft und Expertise in einem spannenden Wettbewerb präsentieren. Und eure Stimme zählt – helft mit, zu entscheiden, wer den Slam gewinnt! Seid Teil dieser einzigartigen Verschmelzung von Wissenschaft und Kunst. Wir freuen uns auf euch!
20.04.2024 | Meena Stavesand
Ideen als Problemlöser: Gemeinsam kreative Lösungen schaffen
Das Lernangebot „Collaborative Ideation“ gibt Methoden an die Hand, mit denen Teams auch für komplexe Probleme Lösungen finden können.
Ideen hat jeder Mensch – und Kreativität kann man lernen. Davon ist Jan Küchenhof, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der TU Hamburg, überzeugt – und hat mit seinem kostenlosen Lernangebot „Collaborative Ideation“ gezeigt, wie wir gemeinsam für komplexe und gesellschaftlich relevante Probleme Ideen finden und entwickeln können. Das geht am besten in einem diversen Team. Im Interview erklärt Jan Küchenhof, was eine Idee eigentlich ist, wie Ideen entstehen und welche Rolle die eigene Kreativität bei dem Ideenfindungsprozess spielt.
Was ist eigentlich eine Idee?
Jan Küchenhof: Für mich ist eine Idee dieser Aha-Moment, den vermutlich jeder von uns kennt. Es macht klick bei uns im Kopf, der Schalter wird umgelegt und es offenbart sich eine potentielle Lösung. Eine Idee kann auch die Antwort auf eine Frage sein, über die wir uns schon länger den Kopf zerbrechen. Häufig muss man ein Problem etwas inkubieren, also etwas länger mit sich herumtragen bis man auf eine Lösung kommt. Eine Idee ist dann ein Problemlöser. Das heißt aber nicht, dass eine Idee immer etwas Neues sein muss – anders als bei einer Invention, also einer Erfindung.
Wie entstehen Ideen?
Jan Küchenhof: Ideen können auf unterschiedliche Arten und Weisen entstehen – bei denkenden Lebewesen sind sie das Resultat kognitiver Prozesse und können sich im Unterbewusstsein entwickeln, allerdings auch gezielt herbeigeführt werden. Klar ist: Jeder Mensch hat Ideen. Meist braucht es ein Problem, das wir zunächst verstehen und dann lösen wollen, damit wir Ideen erkennen. Dieser Prozess kann unterstützt werden – zum einen mit intuitiven Methoden wie etwa Brainstorming, die unsere Kreativität anregen, oder zum anderen mit diskursiven Methoden, die unser systematisches Denken anstoßen. Das Problem, das es zu lösen gilt, wird dann Schritt für Schritt analysiert und durchdrungen, um am Ende passende Ideen für die Problemlösung zu erhalten.
Diese Karte zeigt die „Welt der Ideen“ aus dem Lernangebot „Collaborative Ideation“. Bild: Jan Küchenhof/Hanna Bickmeier/CC BY-SA 4.0
Welche Rolle spielt die eigene Kreativität bei Ideen und kann ich Kreativität lernen?
Jan Küchenhof: Früher wurde oft angenommen, dass Kreativität eine besondere Fähigkeit ist, die einige Menschen besitzen und andere nicht. Daher haben sich manche selbst schnell als unkreativ abgestempelt und das Entwickeln von Ideen den „Kreativen“ überlassen. Es ist vermutlich auch so, dass einige Menschen einfach kreativer sind als andere – jedoch gibt es mehrere Formen von Kreativität und Expert:innen erkennen zunehmend, dass kreatives Denken zu den grundlegenden kognitiven Fähigkeiten gehört, die jeder besitzt. Wir alle werden bei der Geburt mit einer individuellen natürlichen Kreativität ausgestattet. In Kombination mit dem uns verfügbare Wissen steigt unsere verfügbare Kreativität und damit auch die kreative Leistung. Die kreative Leistung kann außerdem durch gezielten Wissenserwerb oder durch Kreativitätstechniken erhöht werden. Der Unterschied zwischen Menschen, die als kreativ und als nicht-kreativ gelten, liegt meist nur darin, wie aktiv sie diese Fertigkeiten nutzen. Daraus folgt: jeder kann seine kreatives Denken stärken und verbessern.
Wie entwickelt man seine Idee weiter?
Jan Küchenhof: Wenn man eine gute Idee gefunden hat, kann man versuchen, sie in die Tat umzusetzen. Natürlich kann nicht jede Idee realisiert werden – schon gar nicht sofort. Manchmal lohnt es sich auch, eine Idee erst einmal weiter zu durchdenken, zu entwickeln, bevor man in die Umsetzung geht. Mit Methoden wie Design Thinking haben wir heute die Möglichkeit, durchdachte Ideen zügig in Prototypen zu verwandeln und sie dann zu testen. Meist gibt es mehr als eine Lösung – daher ist eine gute Abwägung bei Ideen und deren Umsetzung wichtig. Hierbei spielen verschiedene Aspekte eine Rolle wie Aufwand, Umsetzbarkeit, Nutzen und auch die Frage: Welche Alternativen es gibt? Besonders hilfreich ist bei diesem Ideenfindungsprozess ein vielfältiges Team und ein geleiteter Prozess, damit sich komplexe Probleme leichter lösen lassen.
Wie kommen wir an Ideen für sehr komplexe und gesellschaftsübergreifende Probleme?
Jan Küchenhof: Genau diese Frage haben wir uns an der TU Hamburg ebenfalls gestellt – und eine Lösung dafür gefunden. In dem HOOU-Lernangebot „Collaborative Ideation“ haben wir uns auf Probleme konzentriert, die eine hohe gesellschaftliche Relevanz haben, da sie alle Menschen betreffen, aber nicht von Einzelnen gelöst werden können. Im Team ist das verfügbare Wissen höher und der Austausch kann die Motivation stärker anregen als alleine im stillen Kämmerchen an neuen Ideen zu arbeiten. Außerdem kann man die Ideen dann mit den unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen der Gruppe diskutieren.
So haben wir uns ein sehr relevantes Thema gesetzt: „Plastikmüll in Stadt und Umwelt“. Zunächst haben wir die Probleme dieses Themas identifiziert und kategorisiert. Wir konnten festlegen, dass es Probleme gibt, die jeder Menschen angehen kann – etwa beim Einkauf den Jutebeutel zu nehmen statt die Plastiktüte. Andere Probleme wie Industrieabfälle, die etwa von Unternehmen in Gewässer geleitet werden, sind nicht von einer Einzelperson zu lösen und erfordern mehr als individuelle Maßnahmen. Hier kann zum Beispiel die Politik mit entsprechenden Regulierungen eingreifen.
Im weiteren Prozess stießen wir auf das Thema Mikroplastik – ein Problem, das weit über die Reichweite von Einzelpersonen, Unternehmen und auch Politik hinausgeht. Mikroplastik ist mittlerweile überall in unseren Ökosystemen verbreitet: in Böden, Gewässern, der Nahrungskette und sogar in uns selbst, was unter anderem zu erhöhtem Artensterben beiträgt. Um hier eine Wirkung zu erzielen, müssen umfassende Maßnahmen und Mechanismen aktiviert werden.
Nachdem wir die Probleme sortiert hatten, wählten wir diejenigen aus, die wir als lösbar ansahen. In einem weiteren Workshop widmeten wir uns dann der Lösungsfindung. Wir sammelten Ideen, wie die Probleme angegangen werden könnten, wählten die besten aus und ließen sie im 5-Minuten-Takt von Team zu Team wandern. Auf diese Weise konnten die Vorschläge verfeinert werden. Jetzt sind die Ideen ausgereift und bereit zur Umsetzung – und genau das macht sie wahrhaft kreativ.
Lernangebot Collaborative Ideation als kostenloser Moodle-Kurs
Das HOOU-Projekt „Collaborative Ideation: Design Methods going Digital!“ wurde bereits 2021 gefördert und realisiert und geht nun in die zweite Runde. Mit dem Umzug auf die neue Moodle-Plattform wird das Lernangebot interaktiver und bietet digitale Möglichkeiten zum Mitmachen und Nachmachen. Wer mehr darüber wissen möchte, wie man gemeinsam an komplexe Probleme herangeht und kreative Lösungen entwickelt, für den ist unser Lernangebot „Collaborative Ideation“ genau das Richtige. Realisiert wird es von Jan Küchenhof vom Institut für Produktentwicklung und Produktentwicklung (PKT) der TU Hamburg und fleißiger studentischer Unterstützung. Das neue Lehr- und Lernprojekt soll ab Januar 2024 online verfügbar sein.
Workshop: Leitfaden für Lehrende und Lernende: Problemlösekompetenzen stärken – Gemeinsam Ideen entwickeln
Ihr habt ein Problem und wisst nicht, wie ihr es lösen sollt? Am besten gemeinsam! Mit unserem Methodenbaukasten zeigen wir euch, wie ihr im Team Lösungsideen entwickelt, um kleine und große Probleme unserer Gesellschaft anzugehen. Mach’ bei uns eine Ausbildung zum Reiseführer durch die „Welt der Ideen“. Dafür bieten wir einen digitalen Termine an. Eine Anmeldung ist nicht notwendig. Die Teilnahme ist kostenlos.
Wann: Mi., 8. Mai 2024, 15:30 – 17:00 Uhr,
Wo: ZOOM, Meeting-ID: 837 9274 7930, Kenncode: 470395
19.04.2024 | Meena Stavesand
Vorhang auf: So spielt sich die Kunst und Arbeit am Theater ab
Mit dem Lernangebot „Accessing Theatre“ möchte die Hochschule für Musik und Theater (HfMT) ein wenig Licht ins Dunkel bringen, wenn es um die Frage geht: Wie arbeitet man eigentlich am Theater?
Seit etwa vier Jahren gibt es das Lernangebot „Accessing.theatre“ der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) in Hamburg. Prof. Sabina Dhein als Ideengeberin und Anja Redecker als Projektleiterin haben einen wahren Wissensfundus aufgebaut, der die Arbeit am Theater beleuchtet. Es geht dabei um ganz alltägliche Fragen, wie die Verhandlung von Gagen, aber auch um strukturelle Herausforderungen, wie man etwa ein diverseres Publikum ansprechen kann. Auch Themen wie Nachhaltigkeit in der Produktion oder die Zusammenarbeit zwischen Regie, Text und Dramaturgie werden behandelt. Wir haben mit Anja Redecker über „Accessing.theatre“ gesprochen und auch erfahren, was sie sich für die Zukunft wünscht.
Wenn du dein Lernangebot „Accessing.theatre“ in drei Sätzen für ein Kind erklären müsstest, wie würden die Sätze lauten?
Anja Redecker: Mit unserem Lernangebot „Accessing.theatre“ wollen wir den Zugang zum Theater öffnen. Es richtet sich an Menschen, die am Theater arbeiten wollen, aber auch an jene, die sich fürs Theater interessieren. Es ist ein Blick hinter die Kulissen, denn das Theater hat immer auch etwas Mysteriöses. Das kann auch so bleiben, aber ein wenig Licht wollen wir doch ins Dunkel bringen.
Um welche Themen geht es denn beispielsweise?
Anja Redecker: Es geht uns etwa um die Zusammenarbeit am Theater und um ganz alltägliche Fragen. Wie verhandelt man zum Beispiel Gagen? Das ist existenzielles Wissen. Außerdem behandeln Expertinnen und Experten die Frage, wie man Nicht-Publikum erreichen kann oder geben einen Überblick über die Theaterlandschaft in Hamburg. Interviews befassen sich z. B. mit der Frage, warum die sogenannten Klassiker immer wieder am Theater aufgeführt werden. Wir sprechen aber auch über klar definierbares Fachwissen: Was ist ein gutes Vermittlungsformat? Wie kann ich Multimedia-Technologien einsetzen? Wie schreibe ich einen Projektantrag? Wir tauschen bei all diesen Fragen Tipps und Erfahrungen aus. Alle, die sich fürs Theater in welcher Form auch immer interessieren, können aus „Accessing.theatre“ Learnings ziehen.
Wie kamst du auf die Idee zu dem Lernangebot?
Anja Redecker: Es war die Idee von Prof. Sabina Dhein, Direktorin der Theaterakademie an der Hochschule für Musik und Theater. Sie hatte mich darüber informiert, dass es über die HOOU möglich ist, Lernangebote zu konzipieren, die einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Und genau das sollte „Accessing.theatre“ sein – Theaterwissen für alle Menschen, die sich dafür interessieren. Sabina Dheins Idee war es, einen bleibenden und wachsenden Wissensfundus zum Theater aufzubauen – mit praxisbezogenem, informellem Wissen. Dies verband sich gut mit meinem Impuls, Theater und auch Theaterwissen zugänglicher zu machen. Schnell entstanden dann vier übergeordnete Kategorien, zu denen Inhalte entstehen sollten:
- Publikum: Da geht es etwa um Vermittlung und um die Frage, wie man welches Publikum erreicht.
- Programm: Hier klären wir, wie das Programm im Theater entsteht, wie es sich im Laufe der Jahre vielleicht auch verändert hat. Auch theatergeschichtliche Themen finden hier ihren Platz.
- Produktion: Wir beschäftigen uns mit der Produktion an sich, der Planung und dem Ablauf von Projekten und Inszenierungen.
- Politik: Wenn es um Theater geht, geht es auch um Politik – zum Beispiel Kulturpolitik. Aber auch um Arbeitsbedingungen, Gagen oder Gendergerechtigkeit.
Das klingt nach jeder Menge Arbeit! Wann habt ihr damit begonnen und wie lief die Umsetzung?
Anja Redecker: Wir haben 2019 mit der Konzeption begonnen. Zusammen mit Elise Schobeß habe ich ein Wahl-Seminar “Accessing.theatre“ gegeben. Daraus und aus weiteren Kursen sind Inhalte und auch Fragestellungen der Studierenden in „Accessing.theatre“ geflossen. Wir wollten dann noch mehr Expertise hineinbringen und haben in der nächsten Phase das Lernangebot um Inhalte von Experten und Expertinnen aus der Praxis erweitert. Zum Beispiel kommen im Podcast „Postskriptum“ Menschen aus Bühnenbild, Dramaturgie, Theaterpädagogik und vielem mehr zu Wort, die Einblicke in ihre Arbeit geben. So ist „Accessing.theatre“ stetig gewachsen – bis heute. Immer noch stellen wir selbst, Studierende oder externe Fachleute ihr Wissen online. Der Wissenskosmos zum Leben und Arbeiten am Theater wird so immer größer. Und dass das so gut funktioniert, ist nicht banal. Online Inhalte gut sichtbar und ansprechend zu platzieren, braucht Fachwissen. Dabei unterstützt mich von Anfang an Ulf Treger. Er ist bis heute maßgeblich an der Umsetzung der Inhalte für die Website beteiligt, macht sich immer Gedanken, wie neuer Content den Weg hierhin finden soll. Dafür bin ich sehr dankbar! Und so ist es ein Zusammenspiel aus vielen Menschen und Komponenten, dass wir auch etwa fünf Jahre nach der ersten Idee, weiterhin Inhalte für „Accessing.theatre“ produzieren.
Was sind deine drei Lieblingsthemen in dem Lernangebot?
Anja Redecker: Das ist wirklich eine sehr schwierige Frage. Ich würde am liebsten ganz viele aufzählen, aber wenn ich mich für drei entscheiden muss, dann sind es wohl diese:
- Theater und Multimedia von Greg Beller und Elise Schobeß: Da geht es um handfestes Praxiswissen mit zu Technologien.
- Impulse zur Selbstwirksamkeit von Stefanie Beckmann: Diese Videoreihe und die zugehörigen Worksheets sind Input und Reflexion zum Thema Selbstwirksamkeit, damit man in großen Strukturen wie dem Theater die eigene Richtung nicht verliert.
- Projektabläufe und Selbstständigkeit – als Künstler:in von Melmun Bajarchuu und mir: In dem Miroboard finden sich Antworten auf Fragen zur Selbstständigkeit als Künstler*in und zur Planung freier Projekte.
Aber es gibt noch viele weitere spannende Inhalte zu entdecken. Das Stöbern lohnt sich!
Wenn wir einmal in die Zukunft blicken: Was sind Fragen, die dich aktuell beschäftigen und die du gerne angehen möchtest?
Anja Redecker: Wir haben bei „Accessing.theatre“ noch ziemlich viel vor. Ein Thema, das seit Jahren immer wichtiger wird, ist die Frage nach nachhaltigen Produktionen. Hierzu gibt es bereits einen Podcast, doch da das Thema auch an der Theaterakademie intensiviert wird, soll es auch auf „Accessing Theatre“ tiefergehend behandelt werden. Aber auch Inklusives Theater ist etwas, das noch vorkommen soll: Hamburg hat künstlerisch viel in der Hinsicht zu bieten, strukturell aber noch einiges zu lernen. Auch der Schwerpunkt „Text und Bühne“ soll weiter ausgebaut werden: Die Auseinandersetzung mit Dramatik, auch aus der Gegenwart, dockt unmittelbar an das Lehr-Geschehen der HfMT an. Das sind alles Themen, die es unbedingt wert sind, dass sie in unser Lernangebot wandern. Ich freue mich darauf, sie mit spannenden Expertinnen und Experten beständig weiter umzusetzen!
Zur Person:
Anja E. Redecker (Pronomen: sie/ihr) studierte Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften sowie Philosophie in Bonn, anschließend Dramaturgie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Anja arbeitete am Theater Osnabrück und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Als Dramaturgin und Produktionsleitung entwickelte sie gemeinsam mit drei Kolleginnen das Stadtprojekt NEW HAMBURG auf der Veddel weiter, unter anderem co-kuratierte und organisierte sie in diesem Kontext das zweiwöchigen Festival „SoliPolis“ zum Thema der Solidarischen Stadt. Von 2019 bis 2022 unterstützte sie koordinierend das Stipendienprogramm INTRO der Behörde für Kultur und Medien und gab an der HfMT Hamburg das Seminar „Vermittlung“. Für zwei Jahre war sie im Vorstandsbeirat des Dachverbands freie darstellende Künste Hamburg. Anja ist außerdem Mitglied des 2020 gegründeten freien Hamburger Produktionskollektivs PK3000, das Künstler*innen, Initiativen und NGOs in diversen Formaten zwischen Kunst, Aktivismus und Kulturarbeit unterstützt. Seit September 2022 arbeitet sie außerdem im Bereich Interkulturelle Projekte der Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Das Projekt „Accessing.theatre“ leitet sie seit 2019.
05.04.2024 | hoouadmin
OER-Policy Kit als Leitfaden: So verankerst du OER an Hochschulen
Wie schreibe ich eine OER-Policy für meine Hochschule? Eine Arbeitsgruppe bestehend aus twillo, dem Netzwerk ORCA.nrw und der HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen haben ein OER-Policy Kit für Hochschulen erstellt, das Orientierung beim Schreiben einer OER-Policy geben soll. In diesem Gastbeitrag erklären sie, was es damit auf sich hat.
Stelle dir vor, es findet eine Party statt und die Gastgeberin oder der Gastgeber verschickt keine Einladungen. Woher sollen die Gäste wissen, dass es eine Party gibt? Was sollen die Gäste mitbringen, was kann man erwarten? Wenn sich eine Hochschule für Openness in Studium und Lehre aussprechen und dadurch die Sichtbarkeit der Lehre stärken möchte, wenn sie Maßnahmen zur Förderung offener Bildungsmaterialien (OER) etablieren und eine Kultur des Teilens mit Lehrenden und Hochschulangehörigen „feiern“ möchte, wie können dann die Zielgruppen offiziell dazu eingeladen werden?
OER-Policy: Nicht nur das Vorhaben formulieren, sondern auch die Ausgestaltung
Mit einer OER-Policy können Hochschulen ein Zeichen für Openness setzen und die Förderung von OER strukturell verankern. Viele Hochschulen im DACH-Raum haben bereits eine OER-Policy auf den Weg gebracht, um nicht nur zu zeigen, dass sie sich für OER, Openness und eine Kultur des Teilens einsetzen, sondern auch wie sie diese Ziele mit welchen Maßnahmen an der Hochschule erreichen möchten.
Der Weg zu einer OER-Policy und ihre Ausgestaltung ist dabei so unterschiedlich und vielfältig wie die Hochschullandschaft selbst. Wenn sich eine Hochschule auf den Weg zu einer OER-Policy machen möchte, gibt es immer wieder ähnliche Fragen, zum Beispiel: Wo und wie fange ich an? Was soll die Policy enthalten bzw. regeln? Was ist aus rechtlicher Sicht zu beachten? Welche Akteur:innen müssen einbezogen werden?
Erfahrungen von Hochschulen zusammengetragen
Klar definierte Antworten auf diese Fragen gibt es kaum, aber es gibt Erfahrungen, wie Hochschulen diese Fragen individuell für sich beantwortet haben. Diese sind nun in Form eines OER-Policy Kits von einer Arbeitsgruppe bestehend aus twillo, dem Netzwerk ORCA.nrw und der HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen übersichtlich und interaktiv zusammengestellt worden. Über einen Zeitraum von sechs Monaten hat die sechs-köpfige Arbeitsgruppe Erfahrungen von Hochschulen zusammengetragen, die bereits eine OER-Policy veröffentlicht haben oder noch mittendrin stecken.
Die Idee einer interaktiven Handreichung wurde schnell geboren, da die Vielzahl an unterschiedlichen Entwicklungsprozessen kaum in einer linearen Struktur unterzubringen ist. Während des Schreibprozesses wurden unter anderem auch Rückmeldungen aus Vernetzungstreffen von Policy-Aktiven eingeholt und eingearbeitet.
Praktischer Wegweiser für den OER-Policy-Entwicklungsprozess
Das fertige OER-Policy Kit ist ein Handlungsleitfaden, der als praktischer Wegweiser durch den Dschungel des OER-Policy-Entwicklungsprozess dienen soll. Egal, an welchem Punkt eine Hochschule steht – ob man einen Vorschlag für einen Policy-Entwurf benötigt, einen partizipativen Prozess gestalten oder die Hochschulleitung erst noch über das Für und Wider einer OER-Policy aufklären möchte – das OER-Policy Kit versucht, trotz der vorhandenen Unterschiede zwischen Hochschulen eine allgemeine Orientierung, konkrete Tipps und Beispiele sowie hilfreiche Materialien zu den verschiedenen Stationen zu geben.
Podcast gibt weitere Einblicke
Wenn du also gerade eine Openness-Party an deiner Hochschule planen und die Einladungskarten dazu gestalten möchtest – dann wirf gerne einen Blick in das OER-Policy Kit. Alle Dateien zum Nachnutzen des Policy Kits finden sich in diesem Git-Repository.
Psst: Eine Party ist nichts ohne guten Sound! Höre also auch gerne mal rein in die Podcastfolge „How To OER Policy“ des Podcasts „zugehOERt“ auf OERinfo oder Spotify, welche einen Einblick in die Hintergründe und Entwicklungsschritte des OER-Policy Kits gibt.
Nächstes Netzwerktreffen mit Expert:innen
Und was passiert nach dem Beschluss einer OER-Policy? Dazu findet am 9. April 2024 das nächste OER-Policy Netzwerktreffen von twillo statt – diesmal mit den Expert:innen Martin Ebner (TU Graz) und Simona Koch (UB Duisburg-Essen) zum Thema “Beyond OER-Policy”. Gerne anmelden!
04.04.2024 | Meena Stavesand
Mit Comics lernen – so setzen wir die bunten Geschichten in der Bildung ein
Jeder kennt sie, die bunten Bilder, die eine Geschichte erzählen. Doch lassen sich Comics auch in der Bildung einsetzen? Die Antwort lautet: ja!
Ein Comic ist ein Medium, das oft unterschätzt wird, wenn es um Bildung und Lernen geht. Wenn wir an Comics denken, kommen uns oft bunte Bilder von Superhelden oder humorvolle Alltagsgeschichten in den Sinn. Aber Comics können so viel mehr sein. Sie sind eine spannende Mischung aus Text und Bild, die in der Lage ist, komplexe Themen auf eine einfache und verständliche Weise zu vermitteln. Und darum eignen sie sich auch hervorragend für Lehr- und Lernmaterialien.
Comics: Eine lebendige Verbindung von Kunst und Wissen
Der Zauber der Comics liegt in ihrer Fähigkeit, Text und Bild harmonisch miteinander zu verschmelzen. Sie schaffen eine visuelle Erzählweise, die den Lernstoff interessant gestaltet und uns (und unsere Aufmerksamkeit) damit fesselt. Durch die Visualisierung von Konzepten und die Darstellung von Handlungen und Emotionen können Comics komplizierte Ideen leicht verständlich machen.
Podcastfolge zu dem Einsatz von Comics in Bildung und Kommunikation
In einer Folge unseres Podcasts „Hamburg hOERt ein HOOU“ spricht Nicola Wessinghage mit Martina Schradi und Véro über das Potenzial von Comics zur Vermittlung von Wissen und zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen. Die beiden Expertinnen erklären darin, welche verschiedenen Eigenschaften und Potenziale von Comics besonders geeignet sind, um Menschen zu motivieren, sich mit wissenschaftlichen Themen und Bildungsinhalten auseinanderzusetzen. Es geht auch um die Frage, ob ein Comic ein seriöses Medium ist.
Drei Gründe für Comics als Lehr- und Lernmaterial
- Vielseitige Darstellungsmöglichkeiten: Comics schöpfen aus einem reichen Repertoire an visuellen und erzählerischen Mitteln, um eine breite Palette an Inhalten greifbar zu machen. Seien es physikalische Phänomene, abstrakte Konzepte oder Emotionen, durch die illustrative Kraft der Comics können diese Themen lebendig und zugänglich dargestellt werden. Besonders bei Sachverhalten, die sich schwer in Worte fassen lassen oder auf den ersten Blick eher trocken wirken, können Comics eine spannende und aufschlussreiche Darstellungsform bieten.
- Erzählerische Elemente steigern die Motivation: Die narrative Natur der Comics zieht Leser:innen in den Bann. Durch die Darstellung von Figuren – ob menschlich oder nicht – entsteht eine Identifikationsfläche, die es ermöglicht, die Ereignisse im Comic mit eigenen Erfahrungen in Bezug zu setzen oder zu vergleichen. Die erzählte Geschichte fördert nicht nur das Interesse, sondern ermöglicht auch eine tiefere Auseinandersetzung mit dem dargelegten Thema. Dieser narrative Ansatz verankert das neu erworbene Wissen auf eine persönliche und nachhaltige Weise.
- Universelle Einsatzmöglichkeiten: Die charakteristische Einfachheit des Zeichenstils macht Comics zu einem vielseitigen Lernmedium, das unabhängig von Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund oder Bildungsniveau verstanden werden kann. Die vereinfachte Darstellung erleichtert die Identifikation mit den Figuren, was wiederum den Lernprozess fördert, insbesondere in heterogenen Zielgruppen. Diese Eigenschaft ist besonders wertvoll im Kontext von Open Educational Resources (OER) und der Bildung für alle.
Gelungene Beispiele für Comics auch in unseren Lernangeboten findest du auf dem Lehre:Digital-Blog der HAW Hamburg. Der Artikel bietet eine schöne Übersicht darüber, wie vielfältig Comics einzusetzen sind und dass es nicht nur lustige oder fröhliche Themen sein müssen, die mit Comics erläutert werden.